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Neurodermitis Forschung

Neurodermitis ist eine chronisch-entzündliche, nicht ansteckende Hautkrankheit, die häufig in Schüben verläuft und oft schon im Kindesalter beginnt. Die Erkrankung geht mit trockener, schuppiger und geröteter Haut sowie starkem Juckreiz einher.

Ursache

Warum entsteht
Neurodermitis?

Die Ursachen von Neurodermitis, auch atopisches Ekzem genannt, sind bislang nicht vollständig geklärt. Vermutlich entsteht sie jedoch aus einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Faktoren, wie genetischer Veranlagung, immunologischen Veränderungen sowie Umwelteinflüssen. Zu Beginn der Erkrankung steht eine genetisch bedingte Störung der Hautbarrierefunktion. Ein Mangel an bestimmten Strukturproteinen und Lipiden führt dazu, dass die Haut ihre schützende Hornschicht fehlerhaft aufbaut und daher sehr leicht austrocknet.

Diese trockene Haut ist wiederum besonders sensibel gegenüber Umwelteinflüssen, wie Pollen oder Tierhaaren, und reagiert bei Kontakt leicht mit Entzündungen und Juckreiz. Durch Kratzen wird die Entzündungsreaktion noch zusätzlich verstärkt. Zeitgleich setzt das Immunsystem besondere Abwehrstoffe frei, die die allergische Reaktion an der Haut noch verstärken und die Haut immer empfänglicher für eigentlich harmlose Umweltstoffe macht. Es entsteht ein Kreislauf aus Hautirritation, Juckreiz, Kratzen und zunehmender Störung der Hautbarriere.

Neben der genetischen Veranlagung wird die Fehlfunktion des Immunsystems vermutlich durch ein übertriebenes Hygieneverhalten gefördert. Die Forschung geht inzwischen davon aus, dass die Auseinandersetzung des kindlichen Organismus mit Schmutz und Keimen eine wichtige Voraussetzung für ein normal entwickeltes Immunsystem ist. Eine besonders keimarme Umgebung führt jedoch dazu, dass das Immunsystem dauerhaft „unterbeschäftigt“ ist und sich deshalb andere Ziele sucht und so die Ausbildung von Allergien begünstigt. Für diese sogenannte Hygienehypothese spricht die Beobachtung, dass Allergien bzw. atopische Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten in den modernen Industrieländern und hier vor allem unter Stadtbewohnern stark zugenommen haben. Neurodermitis gilt deswegen auch als Zivilisationskrankheit.

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Symptome

Welche Symptome treten bei Neurodermitis auf?

Die Haut von Neurodermitis-Patienten ist durch die gestörte Barrierefunktion meist sehr empfindlich und neigt zu Trockenheit und Rötung. Sie ist besonders anfällig für innere und äußere Provokationsfaktoren, wie mechanische Reize, Schwitzen, Nahrungsmittel, Allergene oder Stress. Der Kontakt mit solchen Faktoren kann die Krankheit negativ beeinflussen und zu Juckreiz und Hautrötung führen. Die Betroffenen reagieren darauf häufig mit Kratzen, welches zu weiteren Hautirritationen führt. Dieser Kreislauf aus gesteigerter Hautempfindlichkeit, Juckreiz und Kratzen trägt zur Aufrechterhaltung der Symptome bei und verschlechtert so den Hautzustand. Insbesondere der Juckreiz in der Nacht wird als sehr belastend empfunden. Betroffene leiden häufig unter Schlafmangel, der zu Übermüdung und Leistungsminderung führt und für die Betroffenen eine starke psychische Belastung darstellt. Durch die permanente Hautentzündung kommt es außerdem zu einer flächenhaften Verdickung und Vergröberung der Haut, der sogenannten Lichenifikation.

Die Symptome und die typischen Körperstellen der Neurodermitis verändern sich im Laufe des Lebens. Im Säuglingsalter finden sich eher juckende Rötungen der Haut, eventuell mit Krustenbildung. Betroffen sind vor allem der Kopf, das Gesicht sowie die Streckseiten der Gliedmaßen und Beugefalten. Im Kindes- und Jugendalter sind die Ekzeme eher an den Gelenkbeugen der Arme und Knie, bei Erwachsenen kommt es dann meist zum Befall von Kopf, Hals und Schulter, sowie der Hände. Die Haut wird dicker und gröber, auch Verkrustungen sind typisch. Im Erwachsenenalter kommt es zudem oft noch zu stark juckende Knötchen.

Verlauf

Wie ist der Verlauf der
Neurodermitis?

Insgesamt ist Neurodermitis in Industriestaaten eine weit verbreitete Erkrankung, die etwa 5–20 % der Kinder und 1–3 % der Erwachsenen betrifft. Bei 9 von 10 Neurodermitis-Patienten tritt die Erkrankung bereits vor dem fünften Lebensjahr das erste Mal auf. Im Laufe des Lebens kommt es jedoch häufig zu einer Veränderung der Krankheit. Während Kinder vorwiegend von Hautreaktionen betroffen sind, verlagert sich die Erkrankung mit zunehmenden Alter weg von den typischen Hautreaktionen hin zu allergischen Erkrankungen der Atemwege. Dadurch sind im Erwachsenenalter etwa 70 % der im Kindesalter Betroffenen zumindest an der Haut beschwerdefrei.

Die Erkrankung tritt meist in Schüben von unterschiedlicher Dauer und Stärke auf – häufig ohne direkt erkennbaren Auslöser. Genauso häufig enden die Schübe auch, ohne dass man einen direkten Grund hierfür erkennen kann.

Da die oft nässenden und zerkratzten Ekzeme ein ideales Einfallstor für Keime sind, kommt es bei der Neurodermitis häufig zu sogenannten Sekundärinfektionen mit Bakterien, Viren oder Pilzen. Staphylokokken-Infektionen machen sich durch Pusteln, starkes Nässen, gelbliche Krustenauflagerungen und eventuell auch Fieber und Lymphknotenschwellung bemerkbar. Für Herpes-Infektionen sind Bläschen auf geröteter Haut typisch, zudem können Fieber und Lymphknotenschwellungen auftreten.

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Bereits 62 Gene wurden identifiziert, bei denen ein Zusammenhang mit Neurodermitis vermutet wird.

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Von 2010 bis 2019 sind 685 Studien zu Neurodermitis durchgeführt und veröffentlicht worden.

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Bei 60 % der Neurodermitis-Patienten ist die Krankheit bereits im ersten Lebensjahr aufgetreten.

Therapie

Wie kann Neurodermitis behandelt werden?

Die Behandlung der Neurodermitis erfordert eine Vielzahl von Maßnahmen, die auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten abgestimmt werden müssen. Zu berücksichtigen sind hier insbesondere Alter, Lokalisationen und der Schweregrad der Erkrankung. Unabhängig davon liegt die Grundlage einer jeden Behandlung jedoch in der Reduktion und Vermeidung individueller Provokationsfaktoren und einer konsequenten Basispflege. Ergänzt wird die Therapie durch äußerlich angewendete Behandlungen sowie systemisch wirksame Medikamente.

Basispflege

Basispflege beginnt bereits bei der Hautreinigung. Wichtig ist, auf Seifen, irritierende Syndets, Konservierungsmittel und Duftstoffe möglichst zu verzichten. Betroffene sollten besser duschen als baden, jedoch nicht zu heiß, um das Herauslösen von Hautlipiden zu minimieren. Nach dem Waschen sollte die Haut abgetupf werden, da intensives Reiben mit einem Handtuch die Haut reizen kann. Besonders wichtig ist, dass die Haut nach jedem Waschen eingecremt wird. Eine zweimal tägliche Hautpflege mit rückfettenden und feuchtigkeitsspendenden Pflegeprodukten ist zu empfehlen. Diese tägliche Basispflege soll nicht nur die Trockenheit reduzieren, sondern vor allem die Barrierefunktion der Haut stabilisieren, um die Empfindlichkeit der Haut gegenüber Irritationen und das Eindringen von Allergenen abzuschwächen. Häufig können dadurch symptomfreie Phasen verlängert und der Bedarf an Medikamenten reduziert werden.

Salben und Lotionen sollten indivuell auf den aktuellen Hautzustand, die betroffenen Körperstellen, das Patientenalter und die Jahreszeit abgestimmt werden. Die verwendeten Produkte sollten frei von Konservierungsmitteln und Duftstoffen sein, da sonst das Risiko besteht, dass sich zusätzlich eine Kontaktallergie entwickelt. Inhaltsstoffe wie Harnstoff, Glycerin, Zink oder Dexpanthenol sind hingegen empfehlenswert, da sie den Feuchtigkeitsgehalt der Haut erhöhen und die Hautbarriere stabilisieren können.

Mild bis moderate Ausprägung

Für die Behandlung akuter und chronisch entzündeter Areale bei leichter bis mittelschwerer Neurodermitis, werden vor allem entzündungshemmende Wirkstoffe auf der Basis von Glucocorticoiden (Kortison) verwendet. Je nach Schwere und Art der Symptome kommen Präparate unterschiedlicher Stärke zum Einsatz. Schwache bis mittelstarke Corticoide wie Hydrocortison, Prednisolon, Dexamethason und Triamcinolonacetonid reichen bei milden Verläufen häufig aus. Nur bei einem sehr schweren Verlauf mit starker Entzündung und chronischer Hautverdickung sind kurzfristig starke Präparate wie Betamethason-17-valerat, Mometasonfuroat, Prednicarbat oder Clobetasol-17-propionat indiziert. Sie werden üblicherweise als Creme oder Salbe und nur bei sehr schweren Verläufen kurzfristig auch in Form von Tabletten verabreicht.

Zur Behandlung von mild bis moderater Neurodermitis sind zudem die äußerlich anzuwendenden Medikamente Pimecrolimus und Tacrolimus zugelassen. Dabei handelt es sich um Medikamente aus der Gruppe der sogenannten Calcineurin-Antagonisten. Sie werden auch als Immunmodulatoren bezeichnet und hemmen bestimmte Substanzen, die bei Entzündungsprozessen in der Haut eine Rolle spielen. Calcineurin-Antagonisten werden zur Behandlung besonders empfindlicher Stellen wie dem Genitalbereich oder dem Gesicht verschrieben oder wenn Kortison nicht vertragen wird bzw. die Beschwerden unter der Therapie nicht ausreichend gelindert werden.

Die Phototherapie kann in Kombination mit anderen äußerlichen Behandlung eingesetzt werden und dem vorliegenden Krankheits- und Schweregrad entsprechend ausgewählt und abgestimmt werden. Zur Anwendung kommen ausgewählte Bereiche des ultravioletten Spektrums, teilweise in Kombination mit Solebädern. Am wirksamsten, aber aufgrund von Verbrennungs- und Hautkrebsrisiko auch am nebenwirkungsreichsten, ist die sogenannte PUVA-Therapie. Diese Kombination von Psoralen und langwelligem UV-Licht macht die Haut durchlässiger für Licht und intensiviert dadurch die Wirkung der Bestrahlung. Die PUVA-Therapie wirkt entzündungshemmend und kann den Juckreiz lindern.

Bei unzureichendem Ansprechen auf äußerliche Behandlungen oder Phototherapie können ergänzende Behandlungen eingesetzt werden. So gibt es spezielle Wirkstoffe, die Juckreiz stillen können, wie zum Beispiel Polidocanol. Dieses lokale Betäubungsmittel wird hauptsächlich zur äußeren Anwendung in Form von Salben, Cremes oder Gelen verwendet. Zusätzlich können oral eingenommene Antihistaminika, wir Loratadin oder Cetirizin, bei einem akuten Schub helfen die allergische Reaktion an der Haut zu mildern und den Schub zu verkürzen. Wenn eine massive Entzündung der betroffenen Hautstellen vorliegt, kann eine antimikrobielle Therapie, in Form von lokalen Antibiotika oder desinfizierenden Behandlungen hilfreich sein. Wegen der Gefahr von Resistenzbildungen, sollte eine Behandlung mit Antibiotika jedoch nur kurzfristig erfolgen.

Schwere Ausprägung

Bei schweren Verläufen können zusätzlich zu den äußerlichen Maßnahmen systemische Medikamente eingesetzt werden. Die Wirkstoffe, die als Tabletten eingenommen oder unter die Haut gespritzt werden, gelangen ins Blut und zirkulieren im gesamten Körper, sodass sie häufig eine höhere Wirksamkeit haben als Medikamente zum Auftragen. Gleichzeitig ist ihr Einsatz aber auch riskanter, da Nebenwirkung nicht nur lokal an der Haut auftreten können.

Seit den 1980er-Jahren wird der immunsuppressive Wirkstoff Ciclosporin auch in der Dermatologie angewandt. Der Wirkstoff, der usprünglich im Rahmen von Organtransplantationen eingesetzt wurde, hemmt die körpereigene Abwehr und verhindert die Ausschüttung bestimmter entzündungsfördernder Botenstoffe. Die dermatologische Behandlungsleitlinie empfiehlt Ciclosporin aufgrund möglicher ernster Nebenwirkungen nur als Kurzzeit- bzw. Intervalltherapie einzusetzen. Die wichtigsten potenziellen Nebenwirkungen dieser Therapie sind Blutdruckerhöhungen, Nierenschädigungen, aber auch ein Anstieg von Tumorerkankungen.

Bei der Behandlung von immunologischen Erkrankungen werden in den letzten Jahren vermehrt Antikörperbehandlungen, sogenannte Biologika, eingesetzt. Diese biotechnologisch hergestellten Wirkstoffe greifen sehr gezielt in das Immunsystem ein, indem sie spezifische Botenstoffe hemmen und so z.B. das Entstehen von immun-bedingten Entzündungen reduzieren. Als erste Antikörperbehandlung zur Behandlung von Neurodermitis wurde 2017 der Wirkstoff Dupilumab zugelassen. Das Medikament hemmt gezielt die Botenstoffe IL-4 und IL-13, die bei Neurodermitis eine Schlüsselrolle in der Entstehung der entzündlichen Hautreaktion darstellen. Durch das gezielte Eingreifen der Antikörpertherapie in das Krankheitsgeschehen, kann die dauerhafte Entzündung bei vielen Patienten effektiv reduziert werden, ohne mit schwerwiegenden Nebenwirkungen einherzugehen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Reaktionen an der Injektionsstelle, entzündliche Bindehaut- und Lidrandentzündung sowie oraler Herpes und Kopfschmerzen.

Aktuelle Studien

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